Biokraftstoffe: Zwischen grüner Klimapolitik und Marktrealitäten

_ Jurij Kofner, Ökonom, MIWI Institut. München, 6. Mai 2024.

In Deutschland hat der Verbrauch von Biodiesel im Jahr 2023 eine beachtliche Marke von 25 TWh erreicht.[1] Doch die Zahlen offenbaren eine Abhängigkeit von Importen, die über 57 Prozent des Gesamtverbrauchs ausmachen.[2] Der Großteil kommt aus China. Die ersten vier Monate des Jahres allein zeugen von einem Import von über 6 TWh chinesischen Biodiesels – fast die Hälfte des gesamten Jahresimports.[3]

Nun stehen deutsche Biodieselproduzenten vor einer Flut von chinesischem Biodiesel aus Palmöl, was zu einer Marktsättigung führt. Diese Situation ist auf die grüne Klimapolitik der damaligen CSU/CDU-geführten Bundesregierung zurückzuführen. Im Jahr 2021 wurde die Treibhausgasminderungsquote (THG-Quote) für Kraftstoffe im Verkehrsbereich auf 25 Prozent bis 2030 erhöht,[4] weit über die EU-Vorgabe von 14 Prozent. Mit einer aktuellen Quote von 8 Prozent im Jahr 2023 und einer geplanten Erhöhung auf 9,25 Prozent im Jahr 2024, stehen Mineralölunternehmen unter Druck, die Nachfrage nach Biokraftstoffen zu decken.[5]

Gleichzeitig hat die Europäische Kommission, unter der Leitung von CDU-Mitglied Ursula von der Leyen, entschieden, dass ab 2023 Biokraftstoffe aus frischem Palmöl nicht mehr als “klimaneutral” gelten.[6] Dies hat zu einer Umdeklarierung chinesischer Produkte geführt, bei der Biodiesel aus frischem Palmöl fälschlicherweise als Biodiesel aus altem Speisefett-Palmöl ausgezeichnet wird. Diese Praxis ist zwar rechtswidrig, aber kaum nachzuweisen, da Kontrollaudits in China nicht zugelassen werden und eine nachträgliche Überprüfung im Labor kaum möglich ist.

Die finanziellen Anreize für diese Umdeklarierung sind enorm, mit Gewinnmargen von bis zu über 500 Euro pro Tonne, was zu Profiten in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro führt. Die deutschen Biokraftstoffhersteller leiden unter dieser unlauteren Konkurrenz und sehen ihre Existenz bedroht.[7]

Ein komplett anderer Ansatz ist deshalb erforderlich. Anstatt vergeblich zu versuchen, den chinesischen Kennzeichnungsbetrug nachzuweisen und handelspolitische Vergeltungsmaßnahmen einzuleiten, muss das Klimanarrativ hinter der Biokraftstoffquote gänzlich abgelehnt. Die THG-Gesetzgebung und des damit verbundene Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG), welches 2023 eine Abgabenbelastung von 10,7 Mrd. Euro verursachte, sind in Gänze abzuschaffen.

Stattdessen könnte man das THG-Gesetz in ein “Heimatkraftstoffgesetz” umwandeln, um die heimische Produktion von Biokraftstoffen zu fördern und Deutschland somit energieunabhängiger zu machen, ohne dabei das Klimanarrativ zu berücksichtigen. Unter solch einem protektionistischem Ordnungsrahmen wäre es unerheblich, ob der importierte Biodiesel aus frischem oder altem Palmöl hergestellt wird. Nur die Herkunft – einheimisch oder ausländisch – würde eine Rolle spielen.

Die Biokraftstoffwirtschaft in Deutschland und Bayern generiert jährlich wirtschaftliche Impulse von 6,6 Mrd. Euro und beschäftigt etwa 22.000 Menschen, viele davon in strukturschwachen ländlichen Regionen. Im Jahr 2022 wurden in 36 Biokraftstoffwerken rund 3,4 Mio. Tonnen Biodiesel, 715.000 Tonnen Bioethanol und 24.552 Tonnen Biomethan produziert.[8] Das technische Biomassepotential in Deutschland liegt bei knapp 400 TWh pro Jahr.

Quellen

[1] Umweltbundesamt. (2024). Beitrag von Biodiesel am Kraftstoffverbrauch in Deutschland in den Jahren 2003 bis 2023 (in Gigawattstunden). URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/171891/umfrage/kraftstoffverbrauch-von-biodiesel-in-deutschland-seit-1992/

[2] Deter P. (2024). Biodieselausfuhren auf Rekordniveau. URL: https://www.topagrar.com/energie/news/biodieselausfuhren-auf-rekordniveau-20002566.html

[3] VDB (2023). Biokraftstoffindustrie in Deutschland und Europa auf der Kippe. URL: https://biokraftstoffverband.de/biokraftstoffindustrie-in-deutschland-und-europa-auf-der-kippe/

[4] Deutscher Bundestag (2021). Treibhausgasminderungs­quote beschlossen. URL: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw20-de-treibhausgasminderungsquote-840248

[5] Generalzolldirektion (2024). Höhe der Treibhausgasquote. URL: https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Steuern/Verbrauchsteuern/Treibhausgasquote-THG-Quote/Quotenverpflichtung/Quotenhoehe/quotenhoehe_node.html

[6] DW (2023). EU lawmakers adopt ban on goods linked to deforestation. URL: https://www.dw.com/en/eu-lawmakers-adopt-ban-on-goods-linked-to-deforestation/

[7] Kempmann A., Naber N. (2024). Biodiesel-Skandal bleibt offenbar folgenlos. NDR. URL: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/meldungen/Biodiesel-Skandal-bleibt-offenbar-folgenlos,fakebiodiesel104.html

[8] Biokraftstoffverband (2023). Politikinformation Biokraftstoffe. URL: https://biokraftstoffverband.de/wp-content/uploads/2023/07/07_2023_Politikinformation_Biokraftstoffe.pdf

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