Die Iden des Merz
_ J.C. Kofner, Ökonom, MIWI Institut; Sprecher, Landesfachausschuss „Finanzen und Steuern“ AfD Bayern. Erstveröffentlichung im April 2025 im KRAUTZONE Magazin.
So stirbt die Republik. Zumindest so wie wir sie kennen. Nicht unter plärrenden Demonstrationen, nicht auf Barrikaden und auch nicht mit der Stürmung des Reichstages durch Putschisten. Sondern unter dem selbstzufriedenen Applaus der Altparteien, als sie an den Iden des März 2025 im Bundestag die größte Neuverschuldung der deutschen Nachkriegszeit ermöglichten – ein haushälterischer Staatsstreich.
Die Gründungsväter der Sozialen Marktwirtschaft hatten eine ganz andere Vision: einen schlanken und bescheidenen Ordnungsstaat. Doch durch den Siegesmarsch der 68-er durch die Institutionen ist dieser zu einem dekadenten Wohlfahrtstaat verkommen. Seit dem Ende des Wirtschaftswunders 1960 ist die Schuldenquote von knapp 19 Prozent auf über drei Fünftel des Bruttoinlandsproduktes gestiegen. Die Staatsquote ist von einem Drittel auf knapp die Hälfte der Wirtschaftsleistung geklettert. Zum Vergleich: Selbst das kommunistische China hat heute eine Staatsquote von nur 34 Prozent.
Von Masseneinwanderung über die Energiewende bis hin zur „klimaneutralen“ Wirtschaft – der linke Staats-Leviathan wächst unaufhaltsam. Dank eifriger Beihilfe machtsüchtiger Scheinkonverativer und links-grüner Überzeugungstäter unterwirft er sich nach und nach alle Lebensbereiche. Doch wie jede Planwirtschaft benötigt auch die woke Transformation der Gesellschaft Unmengen an Geld. So viel Geld, dass selbst Rekordsteuer- und Abgabeneinnahmen von knapp zwei Billionen Euro nicht ausreichten und die Ampel-Regierung an ihrer Finanzierung zerbrach.
Staatsstreich in drei Akten
Anton Hofreiter hatte sicherlich Recht, als er uns Gesicht sagte, dass alles von Anfang an ein abgekartetes Spiel war. Merz spielte dabei die Rolle des eiskalten Machiavelli.
- November 2023: Die von CDU/CSU, SPD und Grünen ernannten Bundesverfassungsrichter gaben der Klage der Unions-Opposition statt, wonach der Haushaltsplan der Ampel gegen die im Grundgesetz festgelegte Schuldenbremse verstieß. Die Klage richtete sich insbesondere gegen die Verwendung von „Sondervermögen“, die eine Umgehung der Schuldenbremse ermöglichten.
- November 2024: Als daraufhin alle konventionellen Haushaltstricks ausgeschöpft waren, forderte Bundeskanzler Scholz von Finanzminister Lindner die Wiederholung des Corona-Notfallbeschlusses zur Aussetzung der Schuldenbremse – diesmal unter dem Vorwand des Ukraine-Krieges. Lindner verweigerte sich diesem offensichtlichen Verfassungsbruch und ließ die Ampel platzen – in der vergebenen Hoffnung, damit das verlorene Vertrauen der einstigen FDP-Wähler zurückzugewinnen. Neuwahlen wurden ausgerufen.
- Februar/März 2025: Nur ein Tag nachdem sich die Union mit unmissverständlichen Wahlkampfversprechen zur Einhaltung der Schuldenbremse, strikter Haushaltsdisziplin und Strukturreformen die Mehrheit der Wählergunst ergattert hatte, beging Merz die größte Wählertäuschung in der Geschichte der Bundesrepublik. Eigentlich ein klarer Fall für § 108a Strafgesetzbuch. In Windeseile drückte eine bereits abgewählte Mehrheit aus CDU/CSU, SPD und Grünen im scheidenden Bundestag weitreichende Verfassungsänderungen durch: Klimaneutralität im Grundgesetz, die faktische Aufhebung der Schuldenbremse und ein weiteres „Sondervermögen“.
Zur Freude der linken Politkaste setzte Mephistopheles-Merz des Teufels‘ Werk um und ermöglichte, wovon Anhänger des Great Reset bisher nur feucht träumen konnten: mehr Geld für die grüne Transformation, mehr Geld für die transatlantische Rüstungsindustrie, mehr Geld für die Überwachung der eigenen Bürger – und natürlich mehr Geld für die früheren Arbeitgeber von BlackRock & Co. Das „Beste“ daran: Unangenehme Maßnahmen aus dem ordoliberalen Werkzeugkasten wie Einsparungen, Bürokratieabbau und Standortpolitik können erneut auf die lange Bank geschoben werden. Après nous, le déluge.
1,8 Billionen Euro – Die Schuldenorgie im Detail
Zur Einordnung der Größenordnung: Es kursieren viele Zahlen – 500 Milliarden, 1.000 Milliarden, 1.500 Milliarden Euro. Meine Schätzung beläuft sich auf 1,8 Billionen Euro. Darin enthalten sind:
- 500 Milliarden Euro für das neue „Sondervermögen Infrastruktur“ bis 2036, das natürlich für Netzausbau, Wasserstoff und Batteriespeicher verpulvert wird – die dreifaltige Wunderwaffe der Energiewender.
- Mindestens zwei Prozent des BIP (über 90 Mrd. Euro pro Jahr), die die Bundesregierung zusätzlich zur Schuldenbremse ausgeben darf – für alles, was auch nur ansatzweise unter „Bevölkerungsschutz“ fällt. Sei es für Waffenlieferungen gegen „äußere Feinde“ an der neuen Ostfront, für „antifaschistische Demokratieförderprogramme“ gegen „Feinde im Inneren“ oder auch für Transformationschecks zur Verhinderung der „unausweichlichen Klimaapokalypse“.
- Zusätzliche Verschuldungsmöglichkeiten der Bundesländer von 0,35 Prozent des BIP pro Jahr – insgesamt 15 Milliarden Euro jährlich. Besonders die Asylindustrie kann frohlocken: Das CDU-regierte Berlin hat bereits angekündigt, genau dafür den Geldhahn aufzudrehen.
Insgesamt bedeutet das 147 Milliarden Euro zusätzliche Verschuldung pro Jahr. Oder eben die 1,8 Billionen Euro.
Im ersten Jahr werden die auf Pump finanzierten öffentlichen Ausgaben die Staatsquote auf über 50 Prozent katapultieren und die Schuldenquote binnen eines Jahrzehnts auf 90 Prozent des BIP steigen lassen – höher als der Durchschnitt der Eurozone. Dabei betragen die impliziten Staatsschulden, etwa für künftige Pensionsleistungen, mit 14,5 Billionen Euro bereits jetzt das Dreieinhalbfache der deutschen Wirtschaftsleistung.
Inflation, Zinsen und der bevorstehende Kollaps
Die merzsche Schuldenlast wird nicht nur künftige Generationen erdrücken, sondern bereits die Steuerzahler von heute belasten. Die jährlichen Zinszahlungen des Bundes werden durch die zusätzliche Schuldenaufnahme von 34 auf über 52 Milliarden Euro ansteigen – ein Plus von über 50 Prozent. Damit verschlingen die Zinsen jedes Jahr mehr als ein Zehntel des Bundeshaushalts.
Nach der Ankündigung des historischen Schuldenpakets schossen die Renditen auf 30-jährige Bundesanleihen um fast ein Fünftel in die Höhe – ein klares Zeichen für das gestiegene Rückzahlungsrisiko. Die Deindustrialisierung und die demografische Alterung werden die einst makellose AAA-Kreditwürdigkeit endgültig vernichten. Deutschland, einst Euro-Stabilitätsanker, wird zum Sorgenkind der EU. Eine zweite europäische Staatschuldenkrise wird unausweichlich. Auch hierfür werden die letzten verbliebenen deutschen Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten, um die insolventen Banken und Regierungen mediterraner EU-Länder zu retten.
Die perfideste aller Steuern – frisch gedrucktes Geld ohne realen Gegenwert in Form zusätzlicher Güter oder höherer Produktivität – wird die Inflation weiter anheizen. Laut Schätzungen des DIW wird allein die Einrichtung des „Sondervermögens“ für Infrastruktur die Teuerungsrate bis 2027 um weitere 1,7 Prozentpunkte steigen lassen. Gleichzeitig ist eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro geplant, die die Inflation um zusätzliche 0,3 Prozentpunkte antreiben wird. Hinzu kommt die Vervierfachung (!) der CO₂-Abgabe durch die Überführung in das ETS II, was einen Preisschock von über 8 Prozent auslösen dürfte. Angesichts dieser Entwicklungen prognostiziere ich auf den Seiten der Krautzone für 2027 eine brausende Teuerungswelle, die die SchuKo (Schuldenkoalition) hinwegfegen wird. Bis dahin wird der woke Fiebertraum aber wohl noch drei Jahre andauern.
Was kommt nach dem Schuldenkollaps?
So stirbt die Republik. Und danach? Das werden wir sehen. Der Neuanfang wird nicht schmerzlos sein. Doch wenn die Deutschen 1918/23 und 1945/49 den Wiederaufbau geschafft haben, dann sind wir es unseren Vorfahren schuldig, es erneut zu versuchen. Sicher ist: Die Regierung danach wird den linken Sperenzchen ein Ende setzen müssen.
Ein blauer Marker wird nicht reichen. Es wird die Kettensäge in Milei-Manier brauchen.
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