Fachkräftesicherung für Deutschland: Lösungsprogramm von Rechts

_ Jurij C. Kofner, Ökonom, MIWI-Institut für Marktintegration und Wirtschaftspolitik. FREILICH Magazin, München – Graz,  24. März 2024.

Zusammenfassung

der Ergebnisse der Studie „Einwanderung als Lösung fОür den deutschen Fachkräftemangel?“ für das FREILICH Magazin

Fachkräftemangel in Deutschland

Trotz einer historisch niedrigen Erwerbslosenquote von 2,9 Prozent, fehlt deutschen Wirtschaft eine Rekordzahl von über 533.000 Fachkräften, was sie zwischen 2,1 und 2,5 Prozent des BIP kostet. Angesichts der aktuellen demografischen Trends wird die Fachkräftelücke bis 2030 voraussichtlich auf 3 bis 5 Millionen unbelegbare Stellen ansteigen, was den Wachstumspfad der Bundesrepublik um 14 Prozent kumulativ über die 2020er Jahre senken wird.

Sektoren mit dem höchsten relativen Fachkräftemangel sind Sozialarbeit, Erziehung, Pflege, Handwerk, Kraftfahrer und IT sowie mittelfristig auch Maschinenbau und Elektronik.

Die Schwere der Fachkräftelücke ist proportional zur Höhe des Qualifikationsbedarfs, d.h. bei Fachkräften liegt die Stellenüberhangsquote bei 40,8 Prozent, bei Spezialisten bei 44,3 Prozent und bei Experten sind fast 60 Prozent der Stellenangebote unbelegbar. Im Kontrast dazu besteht auf dem Arbeitsmarkt ein Überangebot von über 1 Mio. unqualifizierten Hilfskräften.

Zuwanderung ist keine Pauschallösung

Ob Zuwanderung helfen kann, den Fachkräftemangel zu lindern, hängt stark vom Herkunftsland ab. Einwanderer aus west- und ostasiatischen Ländern haben im Allgemeinen ein sehr hohes Bildungs- und Arbeitsqualifikationsniveau, insbesondere Chinesen, Inder und US-Amerikaner. Dies sind auch die Bevölkerungsgruppen mit den höchsten Medianeinkommen in Deutschland.

Das Gegenteil gilt für Einwanderer, insbesondere Asylbewerber, aus Afrika und dem Nahen Osten, wo zwischen 55,5 und bis zu drei Viertel der Personen im erwerbsfähigen Alter keinen Berufsabschluss und 31 Prozent nicht einmal einen Schulabschluss haben (siehe unten Darstellung 1).

Ein ähnliches Bild zeigt sich hinsichtlich der fiskalischen Wirkung der Zuwanderung auf den Staatshaushalt. Einheimische und Einwanderergruppen aus west- und ostasiatischen Ländern leisten in der Regel einen positiven Nettobeitrag zum Fiskus, d.h. sie zahlen im Allgemeinen mehr Steuern ein, als sie an öffentlichen Dienstleistungen zurückerhalten. Bei Zuwanderern und insbesondere Asylsuchenden aus Afrika und dem Nahen Osten ist es in der Regel umgekehrt: Sie kosten den Sozialstaat über ihr ganzes Leben hinweg deutlich mehr, als sie je an Steuern einzahlen, da sie zu einem großen Teil entweder arbeitslos sind (knapp 30 Prozent unter Einwanderern aus den Asylherkunftsländern) oder in Niedriglohnjobs mit geringen bzw. keinen Qualifikationsanforderungen beschäftigt sind.

Obwohl billige Arbeitsmigration tatsächlich einen kleinen negativen Lohndruck auf einheimische Arbeitnehmer ausübt, besteht das viel größere Problem im deutschen Fall darin, dass die derzeitige Zuwanderung hauptsächlich nicht in den Arbeitsmarkt, sondern direkt in das Sozialsystem erfolgt. Jeder vierte Hartz-IV-Empfänger ist Ausländer und die Hälfte aller Staatsangehörigen der Asylherkunftsländer bezieht Arbeitslosengeld.

Unkontrollierte und irreguläre Zuwanderung ist daher das absolut falsche Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Auch andere Maßnahmen wie (staatlich verordnete) Lohnerhöhungen, eine Verlängerung der Arbeitszeiten und eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen sind weniger geeignet, um den Fachkräftemangel zu lindern – aus unterschiedlichen Gründen, die in der Studie erläutert werden.

Rechte Lösungsansätze zur Fachkräftesicherung

Wirksamere bzw. aus konservativer Sicht geeignetere Maßnahmen nach Auffassung des Autors wären:

  • Eine Rückverschlankung des Staates auf das Niveau von 2005, welche 166.000 weitgehend gut qualifizierte Verwaltungskräfte freisetzen könnte.

  • Rückkehr deutscher Auswanderer: Anreize, die durchschnittliche jährliche Nettoabwanderung von 46.600 hochqualifizierten deutschen Staatsbürgern im besten Erwerbsalter zu stoppen und umzukehren (knapp 800.000 emigrierte Fachkräfte zwischen 2005 und 2021).

  • Einführung einer kontrollierten Einwanderungspolitik nach kanadischem, australischem oder auch japanischem und koreanischem Vorbild, die hauptsächlich nur eine Zuwanderung hochqualifizierter Nettosteuerzahler entsprechend den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ermöglicht (sowie auch von Studenten).

  • Eine (Weiter- und Um-)Bildungsoffensive zur Anhebung des Bildungs- und Qualifikationsniveaus der sich bereits in Deutschland befindlichen Erwerbsbevölkerung, insbesondere der über 1 Million ungelernten Hilfskräfte, die derzeit keine Stelle finden.

  • Einführung einer aktivierenden Familienpolitik mit großzügigen Steuervorteilen, Wohnmaßnahmen und besseren Kinderbetreuungsangeboten. Allein eine Begrenzung der Abtreibungen auf diejenigen mit medizinischer oder strafrechtlicher Indikation (die nur 5,6 Prozent aller Schwangerschaftsabbrüche ausmachen) über 30 Jahre würde der Wirtschaft rund 3,3 Millionen neue Arbeitskräfte verschaffen. Und politische Anreize, die Fruchtbarkeitsrate deutscher Frauen wieder über die Reproduktionsrate von 2,1 zu erhöhen, würden die deutsche Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 12,5 Millionen Menschen erhöhen.

  • Letztendlich könnte Deutschland auch den „koreanischen“ oder „japanischen“ Weg gehen, indem es den Fachkräftemangel nicht nur als Problem, sondern auch als Chance sieht, dem demografischen Wandel mit Digitalisierung und Robotisierung zu begegnen. Eine verstärkte Automatisierung mit aktuellen Technologien könnte bereits jetzt die Nachfrage nach 1,4 Mio. zuwanderungsintensiven geringqualifizierten Berufen wie Reinigung, Lagerlogistik, landwirtschaftliche Hilfsdienste und Lebensmittelproduktion reduzieren.

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* Die ganze Studie wird demnächst vom FREILICH Magazin veröОffentlich. Sie ist bereits auf Englisch auf der Seite des MIWI-Instituts einsehbar.

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Darstellung 1. Berufsqualifikation der Deutschen ohne Migrationshintergrund und der in Deutschland lebenden Ausländer (2021)


Quelle: Eigene Darstellung. Destatis (2021).

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