Frisches Volk statt müdem Ethnos?

_ Jurij C. Kofner, AfD Bayern. München, 2. August 2024.

Rezension eines bemerkenswerten Buches, das nicht nur als Lektüre, sondern als Konzept für das rechte Lager in Deutschland und dem Westen neue Ziele und Wege aufzeigt: „Das Neue Volk“ (2022) von Dr. Simon Kissling, Historiker, Publizist und Philosoph aus Bremen. Das Buch erschien im Antaios Verlag und bietet, meiner Meinung nach, einen neuartigen Ansatz, der dem rechten Lager in Deutschland und darüber hinaus zum Erfolg verhelfen könnte.

Die Ziele des rechten Lagers

Dr. Kissling beginnt sein Buch mit einer klaren Darstellung der grundlegenden Ziele des rechten Lagers:

  1. Bewahrung der ethnokulturellen Identität des Volkes.
  2. Bewahrung der abendländischen Kultur.
  3. Schutz der nationalstaatlichen Souveränität.
  4. Bewahrung der natürlichen, spirituellen und biologischen Essenz des Menschen.

Diese Ziele sind leicht verständlich und bilden den Kern dessen, was jedes rechte Lager anstreben sollte. Im postmodernen Zeitalter mit Transhumanismus und LGBTQ+ Agenda wird die Bewahrung der menschlichen Essenz besonders wichtig.

Die Schwächen des rechten Lagers

Dr. Kissling identifiziert zwei große Schwächen des rechten Lagers, die es daran hindern, langfristig erfolgreich zu sein:

  1. Konservatismus im schlechten Sinne

Kissling zitiert den britisch-slowenischen Philosophen und Journalisten Alex Kurtagic, der das Problem darin sieht, dass das rechte Lager im schlechten Sinne konservativ ist. Es will das bewahren und konservieren, was historisch entstanden ist. Dies kann jedoch manchmal unattraktiv scheinen und es ist schwieriger dadurch positive Emotionen auslösen, die notwendig sind, um breite Unterstützung zu mobilisieren. Linke Ideologien hingegen blicken in die Zukunft und bieten Visionen einer idealen Gesellschaft oder einer geretteten Welt an. Diese attraktiven zukunftsgewandten Visionen würden den Rechten fehlen.

  1. Der Niedergang der westlichen Zivilisation

Dr. Kissling verweist auf Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes“ und stellt fest, dass sich die westlichen Völker, einschließlich des deutschen Volkes, in einem Zyklus des Niedergangs befinden. Die Gesellschaft hat autoaggressive Tendenzen entwickelt und will keine politische Einheit mehr sein, sondern nur noch regiert werden und hedonistisch leben. Dies ist ein tief verwurzeltes Problem, das die Rechten oft nicht akzeptieren wollen.

Die dominanten Konzepte im rechten Lager

Dr. Kissling kritisiert drei derzeit dominierende Konzepte im rechten Lager als unzureichend:

  1. Bürgerliche Revolution (Dr. Markus Krall)

Das Konzept der Bürgerlichen Revolution von Dr. Markus Krall sieht die Wiederherstellung einer bürgerlichen Ordnung vor, die jedoch an der Realität scheitert, dass es diese bürgerliche Mitte als rechtes politisches Subjekt nicht mehr gibt. Die Idee einer bürgerlichen Revolution ist daher nicht umsetzbar.

  1. Remigration und Reconquista (Martin Sellner)

Die Forderung nach einer Remigration aller nicht bleibeberechtigten Menschen in Deutschland ist realistisch schwer umsetzbar, da bereits viele Migranten Staatsbürger sind und die gesellschaftlichen und demografischen Veränderungen tiefgreifend, teilweise bereits unumkehrbar fortgeschritten sind.

  1. Sezession (Martin Sellner und Dr. David Engels)

Die Idee einer innerlichen räumlichen Sezession, welche sowohl von Martin Sellner geteilt, wie auch von Dr. David Engels propagiert wird, bei der sich konservative Kräfte auf dem Land zurückziehen und eigene Strukturen aufbauen, ist ebenfalls schwer umsetzbar. Die Schaffung solcher Netzwerke und paralleler Gesellschaften ist nicht ausreichend, um die imminenten politischen Herausforderungen zu bewältigen.

Ein neues Konzept: Das neue Volk

Dr. Kissling schlägt ein völlig neues Konzept vor: die Schaffung eines neuen Volkes. Anstatt die Bewahrung einer alten Identität und Kultur anzustreben, sollte das Ziel sein, eine neue Mythologie, eine neue Identität und eine neue Kultur zu schaffen. Dieses neue Volk soll eine Synthese aus den besten Elementen der alten Kulturen und neuen Einflüssen sein.

Historische Vorbilder

Kissling verweist auf historische Beispiele wie die Republik Venedig, die aus den Trümmern des Römischen Reiches entstand und eine neue, blühende Kultur schuf. Auch die germanischen Reiche unter Karl dem Großen und den Ottonen, die eine Synthese aus germanischen, römischen und christlichen Elementen darstellten, dienen als Vorbilder.

Offenheit für Migranten

Ein entscheidender Punkt in Kisslings Konzept ist die Offenheit für bestimmte Migrantengruppen. Es geht nicht darum, eine rein ethnische Identität zu bewahren, sondern eine politische und kulturelle Einheit zu schaffen, die offen ist für alle, die sich zu den Werten des neuen Volkes bekennen und bereit sind, an dessen Aufbau mitzuwirken.

Populismus im guten Sinne

Kissling betont die Notwendigkeit eines populistischen Ansatzes im guten Sinne, der den Gegensatz zwischen dem neuen Volk und altern links-liberalen Elite aufgreift. Dieser Populismus soll diejenigen ansprechen, die sich mit dem Schicksal ihres Landes verbunden fühlen, egal ob sie gebürtige Deutsche oder Migranten sind, die sich integriert haben.

Die neurechte Aeneas-Elite

Die Gründung Roms kann für das Konzept des „neuen Volkes“ als ästhetisches Beispiel dienen. Die neuen rechten Eliten könnten sich den Mythos des Aeneas zu eigen machen, da dieser symbolisiert, wie aus alten Trümmern ein neues ruhmreiches Volk entstanden ist. Das heißt, Aeneas könnte als Vorbild dienen, wie aus den Herausforderungen und Umbrüchen des alten Deutschlands nach 2015 eine erneuerte Nation geformt werden kann. Der Mythos zeigt, wie Aeneas nicht nur die Überlebenden Trojas, sondern auch die Latiner, Etrusker und Sabiner vereinte und zu einer neuen, starken Gemeinschaft verschmolz. In ähnlicher Weise könnten die neuen rechten Eliten in Deutschland eine Vision propagieren, in der Deutsche und integrierte Migranten zu einem neuen konservativ-geprägtem Volk zusammenwachsen. Dieser Bezug zum Aeneas-Mythos könnte als inspirierende Erzählung dienen, um eine Renaissance der nationalen Einheit und Stärke zu fördern, die auf gemeinsamer Kultur und Werten basiert.

Aufbau neuer Institutionen

Ein weiterer wichtiger Aspekt in Kisslings Konzept ist der Aufbau neuer Institutionen. Dazu gehören eigene Schulen, Krankenhäuser, Banken und ein eigenes Wirtschaftssystem. Diese Institutionen sollen die Grundlage für das neue Volk bilden und es unabhängig von den bestehenden, oft dysfunktionalen Strukturen machen.

Territoriale Aspekte

Kissling schlägt vor, dass dieses neue Volk vor allem in Ostdeutschland, Österreich und den Visegrád-Staaten Fuß fassen könnte. Diese Regionen haben bereits starke rechte Bewegungen und könnten als Ankerpunkte für das neue Volk dienen. Eine zentrale Rolle in Deutschland könnte die AfD spielen, die in Ostdeutschland bereits stark vertreten ist und in absehbarer Zeit Regierungsverantwortung übernehmen könnte.

Leuchtturm für ein neues rechtes Lebensmodell

Um die Einwanderung rechts-sympathisierender Europäer zu fördern, könnte ein von der AfD regiertes Ostdeutschland als attraktives Modell und Leuchtturm für ein neues rechtes Lebensideal fungieren.

Dieses Modell sollte eine aktivierende Familienpolitik verfolgen, die junge Familien umfassend unterstützt und fördert. Maßnahmen wie erhöhtes Muttergeld, steuerliche Erleichterungen für Familien, zinsfreie Familienhypotheken und der Ausbau von Betreuungsangeboten könnten Ostdeutschland besonders attraktiv für Familien machen. Die Eigentumsförderung der breiten Masse des einfachen Volkes sollte ein zentrales Anliegen sein. Durch die steuerrechtliche und ordnungspolitische Förderung von Eigenheimen, Grundstücken, Autos, Aktien, Edelmetallen und Kryptowährung könnte eine breitere Vermögensverteilung erreicht werden. Eine basisdemokratische Organisation, in der Bürger durch Referenden direkten Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen, könnte das Vertrauen in die Demokratie rehabilitieren und die politische Beteiligung fördern. Darüber hinaus sollte Patriotismus vermittelt und die Kräfte innerhalb der christlichen Kirche unterstützt werden, die traditionelle Werte und Transzendenz betonen.

Dieses blaue Ostdeutschland könnte somit als Inkubator für ein neues deutsch-christliches Volk dienen, geprägt durch eine starke Gemeinschaft, konservative Werte und eine zukunftsorientierte Politik.

Kritische Einwände

Zu Dr. Kisslings Konzept für ein neues Volk habe ich mehrere kritische Einwände. Erstens ist die Ethnogenese ein natürlicher, jahrhundertelanger Prozess, der sich nicht in wenigen Jahrzehnten durch eine rechte Elite erzwingen lässt. Zweitens birgt die detaillierte Festlegung von Werten und Zusammensetzung durch Eliten die Gefahr eines autoritären Abdriftens, was individuelle Freiheiten einschränken könnte. Drittens wird ein solches Projekt auf massiven Widerstand des links-woken globalen Systems stoßen, das über erhebliche politische, wirtschaftliche und mediale Macht verfügt und versuchen wird, das Vorhaben zu delegitimieren und zu bekämpfen.

Schlussfolgerung

Dr. Simon Kisslings „Das Neue Volk“ bietet einen innovativen Ansatz für das rechte Lager in Deutschland und Europa. Anstatt an alten Konzepten festzuhalten, schlägt er vor, eine neue, zukunftsgewandte Vision zu entwickeln, die attraktive, positive Emotionen auslösen und breite Unterstützung mobilisieren kann. Indem ein neues Volk geschaffen wird, das offen ist für alle, die sich zu den vorgeschlagenen Werten bekennen, könnten die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft erfolgreich gemeistert werden. Allerdings sollte man die kritischen Einwände beachten: Die natürliche Ethnogenese dauert Jahrhunderte, die Gefahr eines autoritären Abdriftens durch die Festlegung von Werten und Zusammensetzung durch Eliten, auch wenn sie rechts sind, ist real, und das Projekt wird auf massiven Widerstand des links-woken globalen Systems stoßen. Die Idee der Schaffung eines neuen Volkes in Mitteleuropa aus rechten Autochthonen und gut integrierten allochthonen Migranten halte ich im Großen und Ganzen für abwegig, liefert jedoch interessante, nütliche unf fruchtbare Denkanstöße. Diese Aspekte sollten sorgfältig bedacht werden, um das Konzept erfolgreich und freiheitlich umzusetzen.

Haftungsausschluss

Die in dieser Veröffentlichung geäußerten Ansichten sind ausschließlich die des Autors und geben nicht die Position irgendwelcher zugehöriger oder erwähnter Personen oder Organisationen wieder.

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