Plädoyer für die Eigenversorgung der deutschen Wirtschaft mit heimischen Erdgasreserven

_ J.C. Kofner, Ökonom, MIWI Instituit für Marktintegration und Wirtschaftspolitik. München, 10. Januar 2025.

Zusammenfassung

Preiswertes Erdgas aus Russland war lange Zeit eine Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Die Entscheidung, russisches Gas zu meiden und auf teureres LNG aus den USA umzusteigen, führte zu einer künstlichen Importabhängigkeit und trägt zur Deindustrialisierung bei. In Deutschland gibt es jedoch enorme unkonventionelle Erdgasreserven, die den Gasbedarf für mehr als 35 Jahre decken könnten. Ab einem Gaspreis von 50 Euro pro MWh wird Fracking wirtschaftlich tragfähig, was 2025 bereits nahe liegt. Die Energiepolitik der USA unter Donald Trump zeigt, dass auch eine entwickelte Industrienation ihre Rohstoffversorgung autonom sichern kann. Entgegen den Falschbehauptungen der grünen Lobby zeigen Umfragen, dass es in der deutschen Gesellschaft eine hohe Akzeptanz für die heimische Erdgasförderung gibt. Zudem belegen Studien die hohen Sicherheitsstandards und die Umweltfreundlichkeit des modernen Fracking-Verfahrens. Daher wird eine Anpassung der Regulierung und steuerpolitische Anreize gefordert, um die heimische Erdgasförderung zu fördern und die deutsche Wirtschaft langfristig unabhängiger und wieder wettbewerbsfähig zu machen.

Historische Bedeutung des russischen Erdgases

Seit den 1970er Jahren bis 2022 bildete preiswertes Erdgas aus Russland eine zentrale Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Diese Energiequelle ermöglichte niedrige Produktionskosten und verschaffte Deutschland einen entscheidenden Standortvorteil.[1]

Im Jahr 2024 beträgt der jährliche Gasverbrauch Deutschlands 835 TWh, wobei lediglich 4,8 % dieses Bedarfs aus heimischer Erdgasförderung (40 TWh) gedeckt werden. Dies entspricht einem deutlichen Rückgang gegenüber den 90 TWh im Jahr 2014 und ist eine direkte Folge der fossilfeindlichen Politik der „grünen“ Bundesregierungen.[2]

Künstlich geschaffene Abhängigkeit von den USA

Mit der Entscheidung der Bundesregierung, kein russisches Pipelinegas mehr zu importieren, wurde der deutsche Gasbedarf im Jahr 2024 zu 45 % aus Norwegen und zu weiteren 45 % aus den USA gedeckt. Bemerkenswert ist, dass 91 % der LNG-Importe Deutschlands aus den USA stammen.[3] Dieses LNG ist laut Angaben der OMV doppelt so teuer wie russisches Pipelinegas.[4] Die daraus resultierende wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA führt zu erheblichen Mehrkosten für Verbraucher und Unternehmen. Diese Politik offenbart eine transatlantische Gefolgschaftshaltung der Bundesregierung, die den Interessen der deutschen Wirtschaft zuwiderläuft.

Potenziale und Wirtschaftlichkeit heimischer Erdgasreserven

Die bekannten konventionellen Erdgasreserven in Deutschland belaufen sich auf 17,5 Milliarden Kubikmeter (187,3 TWh), während die wahrscheinlichen Reserven 35,6 Milliarden Kubikmeter (381 TWh) umfassen.[5] Zusammen würden diese Vorkommen somit lediglich 46 % des jährlichen Gasverbrauchs decken können. Demgegenüber stehen jedoch immense unkonventionellen Erdgasreserven, die in heimischen Kohleflözen und Schiefergesteinen lagern und vom Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie e.V. auf über 2,75 Billionen Kubikmeter geschätzt werden.[6] Das entspricht einem Energiegehalt von 29.425.000 TWh. Diese Menge könnte den deutschen Gasbedarf für mehr als 35 Jahre decken.

Die Kosten für die Förderung von Fracking-Gas in Deutschland liegen laut dem Energiewirtschaftlichen Institut der Universität zu Köln (EWI) zwischen 26 und 43 Euro pro MWh.[7] Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) schätzt, dass Fracking ab einem Gaspreis von über 50 Euro pro MWh wirtschaftlich tragfähig ist.[8] Anfang 2025 lag der  Gaspreis im europäischen Großhandel bereits bei 48 Euro pro MWh – die Wirtschaftlichkeit der heimischen Erdgasförderung rückt damit in greifbare Nähe.[9]

Energiepolitik der USA als Benchmark

Die Energiepolitik der USA unter Donald Trump zeigt, dass auch eine entwickelte Industrienation ihre Rohstoffversorgung autonom gestalten kann. Seit 2016 ist die USA Nettoexporteur von Erdgas und deckt mittlerweile 116 % ihres Bedarfs durch heimische Förderung.[10] Dies führte im Jahr 2023 zu Industriegaspreisen von nur 13 Euro pro MWh, während diese in Deutschland bei 78 Euro pro MWh lagen.[11] Die Auswirkungen sind signifikant: Seit 2017 sank die deutsche Industrieproduktion um 15,2 Prozentpunkte, während sie in den USA um 3,1 Prozentpunkte anstieg.[12] Im Jahr 2024 betrug das BIP-Wachstum der USA 2,8 %, während das deutsche BIP um 0,2 % schrumpfte.[13] Diese Daten verdeutlichen, dass preiswertes Erdgas eine essenzielle Grundlage für industrielle Wettbewerbsfähigkeit darstellt.

Gesellschaftliche Akzeptanz und ökologische Unbedenklichkeit

Laut einer repräsentativen Umfrage des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) befürworten 70 % der Deutschen die Förderung heimischer Erdgasvorkommen. Nur 1 % spricht sich für eine vollständige Importabhängigkeit aus. Als Hauptargumente für die heimische Förderung werden die Unabhängigkeit von Importen, die Preisstabilität und hohe Umweltstandards genannt.[14]

Ökologische Bedenken gegenüber Fracking in Deutschland sind unbegründet. 99,4 % der deutschen Erdgasreserven befinden sich in Niedersachsen, wo laut einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage von Omid Najafi, MdL (AfD), seit 2013 keine dauerhaften Umweltauswirkungen bei der Erdgasförderung aufgetreten sind.[15] Die beim Fracking verwendeten chemischen Zusätze gehören zur niedrigsten Wassergefährdungsklasse, sind ungiftig und nicht kennzeichnungspflichtig gemäß Chemikalienrecht. Ihre Konzentration ist so gering, dass die Flüssigkeit nach deutschem Umweltrecht weder als giftig noch als umweltgefährlich eingestuft wird. Umfassende Untersuchungen der Nationale Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) und der Deutschem Akademie der Technikwissenschaften gibt es weltweit keine Nachweise für die Kontaminierung des oberflächennahen Grundwassers durch Frac-Fluide oder Lagerstättenwasser.[16] Fracking wurde jahrzehntelang in Deutschland ohne Umweltschäden eingesetzt.[17] Eine Legalisierung von Fracking würde durch strenge deutsche Umweltauflagen höchste Sicherheitsstandards gewährleisten.

Regulatorische Reformen als Voraussetzung

Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen behindern sowohl die konventionelle als auch die unkonventionelle Erdgasförderung in Deutschland. Während andere EU-Staaten wie Polen erfolgreich Fracking betreiben, verhindern das Bundesberggesetz (BBergG) und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die Nutzung dieser Technologie in Deutschland. Die Nationale Akademie der Wissenschaften (Leopoldina) schlägt vor, Genehmigungsverfahren für Fracking auf fünf Jahre zu verkürzen. Eine Anpassung dieser Regelungen wäre essenziell, um die Energieversorgung Deutschlands nachhaltig zu sichern.

Die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen behindern sowohl die konventionelle als auch die unkonventionelle Erdgasförderung in Deutschland. Während andere EU-Staaten wie Polen erfolgreich Fracking betreiben,[18] verhindern das Bundesberggesetz (BBergG) und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die Nutzung dieser Technologie. Erdgas ist in der EU-Taxonomie als nachhaltig eingestuft.[19] Die Leopoldina schlägt vor, Fracking zu legalisieren und die Genehmigungsverfahren auf fünf Jahre zu verkürzen.[20] Zudem könnte Deutschland die Vorgaben des European Critical Raw Materials Act (ECRMA) übernehmen, der für den heimischen Abbau strategischer Metalle die maximale Genehmigungsfrist auf 26 Monate begrenzt.[21] Eine Anpassung im BBergG und WHG wäre notwendig, um Fracking zu ermöglichen und die konventionelle Förderung zu erleichtern, um somit die heimische Energieversorgung nachhaltig zu sichern.

Unter der ersten Amtszeit von Donald Trump wurde die steuerpolitische Unterstützung für Fracking und Erdgasförderung in den USA durch Steuererleichterungen und die Lockerung von Umweltvorschriften massiv ausgebaut. Der „Tax Cuts and Jobs Act“ von 2017 senkte die Unternehmenssteuern und ermöglichte steuerliche Anreize und Abschreibungsmöglichkeiten, wie die sofortige Abschreibung von Explorations- und Produktionskosten, wodurch die Steuerlast der Unternehmen verringert wurde. Diese Vorteile gelten nicht nur für Fracking, sondern für die gesamte fossile Brennstoffindustrie.[22] Für Deutschland wäre ein ähnliches Modell sinnvoll, um die Erdgasförderung zu erleichtern. Steuerliche Anreize für technologische Investitionen, reduzierte Umweltauflagen und Fördermaßnahmen für Infrastruktur könnten die nationale Energieversorgung sichern, Kosten senken und neue Arbeitsplätze schaffen.

Fazit: Dringlichkeit der Eigenversorgung

Die Eigenversorgung Deutschlands mit heimischem Erdgas durch Fracking stellt eine strategisch und wirtschaftlich nachhaltige Lösung der Energiekrise dar. Sie würde nicht nur die Abhängigkeit von den USA und anderen Importländern reduzieren, sondern auch die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie sichern. Die verfügbaren Daten sprechen eine klare Sprache: Deutschland kann und sollte sich selbst mit Kohlenwasserstoffen versorgen, um seine wirtschaftliche Zukunft zu stärken und eine größere Unabhängigkeit zu erreichen.“

Quellen:

[1] Mehren M. (2020). Trotz Gegenwind: Eine historische Energiepartnerschaft. Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. URL: https://www.ost-ausschuss.de/de/trotz-gegenwind-eine-historische-energiepartnerschaft

[2] BDEW (2024). Die Energieversorgung 2024. URL: https://www.bdew.de/media/documents/2024_12_18_Die_Energieversorgung_2024_Final.pdf

[3] BDEW (2024).

[4] TASS (2018). Russian gas is 50% cheaper for Europe than US LNG — OMV CEO. URL: https://tass.com/economy/1015850

[5] LBEG. (2024). Erdgasreserven in Deutschland nach Bundesländern zum Jahresbeginn 2024 (Rohgas in Milliarden Kubikmeter). Statista. Statista GmbH. Zugriff: 10. Januar 2025. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/232466/umfrage/erdgasreserven-in-deutschland-nach-bundeslaendern/

[6] BVEG (2023). Erdgasreserven und Potenziale in Deutschland. URL: https://www.bveg.de/die-branche/erdgas-und-erdoel-in-deutschland/erdgasreserven-in-deutschland/

[7] Riedel. T. et al. (2017). Analysis of the Potential Economic Viability of Shale Gas Resources in Europe. ewi Köln. URL: https://link.springer.com/article/10.1007/s12398017-0210-2

[8] Flues F. (2013). Fracking in Europa lohnt erst bei deutlich höheren Gaspreisen. ZEW. URL: https://www.zew.de/presse/pressearchiv/fracking-in-europa-lohnt-erst-bei-deutlich-hoeheren-gaspreisen

[9] Intercontinental Exchange. (2025). Dutch TTF gas futures at the beginning of each week from January 9, 2023 to January 6, 2025 (in euros per megawatt hour). URL: https://www.statista.com/statistics/1267202/weekly-dutch-ttf-gas-futures/

[10] IEA (203). Natural Gas in the United States. URL: https://www.iea.org/countries/united-states/natural-gas

[11] EIA. (2024). Average price for industrial natural gas in the United States in selected years from 1975 to 2023 (in U.S. dollars per 1,000 cubic feet). URL: https://www.statista.com/statistics/1383403/us-industry-sector-average-natural-gas-price/  | Bundesnetzagentur, Bundeskartellamt. (2023). Gaspreis nach Verbrauchergruppen in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2023 (in Euro-Cent pro Kilowattstunde). URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/154961/umfrage/gaspreis-nach-verbrauchergruppe-seit-2006/

[12] Federal Reserve. (2024). Monthly Industrial Production Index (IPI) of the United States from July 2019 to August 2024 (seasonally adjusted). URL: https://www.statista.com/statistics/1253646/us-monthly-industrial-production-index/ | Destatis (2025). Produktion im Produzierenden Gewerbe. URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Produktion/kpi111.html#355020

[13]Gern K.J. et al. (2024). Weltwirtschaft im Winter 2024: Im Zeichen wirtschaftspolitischer Unsicherheit. Kieler Konjunkturbericht, Nr. 119 (2024 | Q4). IfW Kiel. URL: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/weltwirtschaft-im-winter-2024-im-zeichen-wirtschaftspolitischer-unsicherheit-33587/  | Boysen-Hogrefe J.  et al. (2024). Konjunkturbericht: Deutsche Wirtschaft im Winter 2024: Kein Aufschwung in Sicht. Kieler Konjunkturbericht, Nr. 120 (2024 | Q4). IfW Kiel. URL: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/deutsche-wirtschaft-im-winter-2024-kein-aufschwung-in-sicht-33589/

[14] Brandtner J. (2024). Das denkt Deutschland über die Gas- und Ölförderung im eigenen Land. BVEG. URL: https://www.bveg.de/die-branche/das-denkt-deutschland-ueber-die-gas-und-oelfoerderung-im-eigenen-land/

[15] Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung (2024). Energieversorgung in Niedersachsen mit einheimischem Erdgas (Teil 1). Anfrage der Abgeordneten Omid Najafi et al. (AfD). Drs. 19/5705. URL: https://www.afd-landtagsfraktion-niedersachsen.de/anfrage/energieversorgung-in-niedersachsen-mit-einheimischem-erdgas-teil-1/

[16] Gierds J. al. (2023). Fracking: eine Option für Deutschland? Chancen, Risiken und Ungewissheiten beim Fracking in nicht konventionellen Lagerstätten. Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften. URL: https://www.leopoldina.org/publikationen/detailansicht/publication/fracking-eine-option-fuer-deutschland-chancen-risiken-und-ungewissheiten-beim-fracking-in-nicht-konventionellen-lagerstaetten-2023/

[17] BVEG (2022). Wie gefährlich ist Fracking?. URL: https://www.bveg.de/umwelt-sicherheit/buerger-fragen-uns/wie-gefahrlich-ist-fracking/

[18] Harper, J. (2023). Is Polish shale gas the answer to the EU’s energy shortage? DW. URL: https://www.dw.com/en/is-polish-shale-gas-the-answer-to-the-eus-energy-shortage/a-65190723

[19] Europäisches Parlament (2022). Taxonomie: Keine Einwände gegen Einstufung von Gas und Atomkraft als nachhaltig. URL: https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220701IPR34365/taxonomie-keine-einwande-gegen-einstufung-von-gas-und-atomkraft-als-nachhaltig

[20] Gierds J. al. (2023).

[21] Bähr C. et al. (2024). Rohstoffsituation der bayerischen Wirtschaft 2024. IW Köln, vbw. URL: https://www.iwkoeln.de/studien/cornelius-baehr-thorsten-lang-thomas-okos-iris-richter-rohstoffsituation-der-bayerischen-wirtschaft-2024.html

[22] Trump, D. J. (2017). Supporting Hydraulic Fracturing Technologies to Protect Jobs, Economic Opportunity, and National Security. The White House. URL: https://trumpwhitehouse.archives.gov/briefings-statements/president-donald-j-trump-supporting-hydraulic-fracturing-technologies-protect-jobs-economic-opportunity-national-security/

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